Fritz (Friedrich Rudolf) Cernajsek
*13.11.1910 Wien – †13.11.1996 Perchtoldsdorf
Biographie
von Tillfried Cernajsek
Fritz (Friedrich Rudolf) Cernajsek wurde als 2. Kind seiner Eltern Rudolf Cernajsek <1880-1955> und Wilhelmine Cernajsek <1881-1951>, geborene Hums, in Wien-Ottakring geboren. Hier erlernte er nach dem Besuch der Volks- und Bürgerschule in der Werkstätte seines Vaters Rudolf Cernajsek das Graveur- und Emailleurhandwerk. Einer seiner Mitschüler war der spätere Schriftsteller Fritz Hochwälder <1911-1986>.
Diese handwerkliche Berufsausbildung sollte zum Grundstein seiner späteren beruflichen Tätigkeit als Künstler, insbesondere als Radierer und Kupferstecher werden. Schon in der Schulzeit ist das Talent von Fritz Cernajsek den Lehrern aufgefallen.
Da seine Eltern ein Sommerhäuschen mit einem Garten in Perchtoldsdorf besaßen, hielten sie sich in fast jeder freien Minute auf ihren Landsitz auf. Hier machte F. Cernajsek seine ersten Naturstudien und Versuche im Kupferstechen. Im Stammheurigen seines Vaters, beim "Vielkinderwurth" (Kinderwurth) in der Walzengasse, verewigte er Gäste, Familienangehörige und auch die alte Weinpresse in seinem Skizzenbuch. Diese Skizzen sollten sich später in seinen Hauptwerken "Die Weinlese" und im "Faustzyklus" wiederfinden, in welchen Motive aus Perchtoldsdorf Eingang in seine Kompositionen fanden.
Hier in Perchtoldsdorf ergaben sich die ersten Kontakte zu Künstlerkreisen. Maria Grengg (1889-1963), Karl Hans Strobl (1877-1946) und der Mundartdichter Georg Strnadt zählten zu den über Jahrzehnte treuen Freunden.
1934 wurde F. Cernajsek in die Meisterschule für Graphik an der Akademie (heute Universität) für Bildende Künste in Wien aufgenommen, wo er bei den Professoren Rudolf Jettmar, Wilhelm Dachauer und Christian Ludwig Martin u.a. studierte. Schon während der Studienzeit zeigten sich erste Erfolge und Auszeichnungen. Doch die bedeutendste, das österreichische Staatsreisestipendium wurde von den eben an die Macht gekommenen Nationalsozialisten beschlagnahmt. Eine Rückerstattung des hohen Geldbetrages oder gar eine Anstellung als Lehrer wurde verweigert, da er kein Parteimitglied sei.
1939 heiratete er die Germanistikstudentin und Lehrerin Sophie Steger. Sie musste kriegsbedingt und aus politischen Gründen das Germanistikstudium aufgeben und die Ergänzungsprüfung für das Volkschullehramt ablegen.
Schon 1940 erfolgte die Einberufung in die Deutsche Wehrmacht. In Folge einer chronischen Erkrankung der Haut blieb er von Fronteinsätzen verschont. Ab September 1942 durfte er als Stipendiat mit seiner Frau nach Rom, Villa Massimo, fahren (Bundesarchiv Berlin, B 314/178, fol.34).
Dieser war mit einem Studienaufenthalt in Italien verbunden, welcher trotz widrigster Umstände angetreten wurde. Wahrlich ein Geschenk des Himmels. Obwohl die Versorgungslage außerordentlich schlecht war und die Front der Alliierten täglich näher rückte, erlebten Sophie und Fritz Cernajsek hier eine glückliche Zeit. Sie drückt sich in seinen Arbeiten und gefüllten Skizzenbüchern aus. Es entstanden zahlreiche Zeichnungen und vor allem viele große Aquarelle der italienischen Landschaft.
1943 wurde Sohn Tillfried geboren. Die militärische Lage machte es wegen der täglich drohenden Bombardierungsgefahr dringend notwendig Wien zu verlassen. Die Gattin des Künstlers wurde aus dem Lehrdienst entlassen. Und so ging es über Wullersdorf zunächst nach Ulrichsberg im Mühlviertel, wo die kleine Familie das Ende des zweiten Weltkrieges miterleben musste. Nach der Neuaufteilung der Besatzungszonen in Österreich ging F. Cernajsek mit den Amerikanern nach Aschach an der Donau, wo die Tochter Roswitha geboren wurde. Hier in Oberösterreich sollte F. Cernajsek die zweite Blüte seines künstlerischen Schaffens erleben. Es gab hier genug Motive zu zeichnen und zu malen.
Die Ansichten von Aschach an der Donau und von Linz wurden in Kupfer gestochen. Die Umsetzung der zahlreichen Zeichnungen und Skizzen in Druckgraphiken war die große Stärke von Fritz Cernajsek. In Oberösterreich erfuhr er auch die Förderung durch den damaligen Landeshauptmann Heinrich Gleißner (1893-1984) und den Linzer Bürgermeister Ernst Koref (1891-1988). Hier erfolgten die ersten großen Ausstellungen und eine breite Anerkennung des künstlerischen Schaffens nach dem 2. Weltkrieg. In Oberösterreich lernte er auch zahlreiche Künstlerpersönlichkeiten kennen, so Max Kislinger (1889-1993) in Linz und Alfred Kubin (1877-1959) in Suben bei Schärding. Seine Frau Sophie Cernajsek, geborene Steger, konnte in Aschach and der Donau ihren Schuldienst wieder aufnehmen.
Den Tod der Eltern von F. Cernajsek, die in Wien geblieben sind, nützte er, um nach Wien zurück zukehren . 1958 wurde eine zweite Tochter Ulrike geboren. F. Cernajsek zog es nach Perchtoldsdorf zurück, wo 1939 der Ehestand begründet worden war und er kurze Zeit gelebt hatte. Fritz und Sophie Cernajsek erwarben in Perchtoldsdorf ein neues Grundstück und ließen sich ein Haus errichten, in welchem F. Cernajsek sich den Lebenstraum eines eigenen Ateliers erfüllte.
1966 wurde das liebevoll "Perchtahaus" genannte Haus bezogen. F. Cernajsek zog sich in das neue Heim zurück, das er auf der Südseite mit einer großen Wandmalerei geschmückt hatte. Er liebte das Landleben und lehnte die Stadt ab. Enttäuscht von allen Bemühungen, auch in wirtschaftlicher Hinsicht Anerkennung zu finden, wich er in die – wie immer wieder betonte – von ihm selbst gewählte innere Emigration aus. Besonders hier in Perchtoldsdorf ehrte man sein Werk 1975 durch eine große Ausstellung in der Burg zu Perchtoldsdorf.
Die Schaffenskraft von F. Cernajsek ließ in seinen letzten sieben Jahren seines Lebens spürbar nach, was er mit der letzten Tagebucheintragung am 12. März 1994 festhielt: " Seit Tagen drückt mich eine Müdigkeit. Ich bin zu nichts fähig". Nach langer Krankheit verschied er an seinem 86. Geburtstag. Sein Grab befindet sich auf dem Perchtoldsdorfer Friedhof.
Seinem künstlerischen Stil blieb er bis zum Ende seiner Tage treu und biederte sich anderen, vielleicht auch zeitgemäßeren Stilrichtungen um keinen Preis an. Altbundespräsident Rudolf Kirchschläger charakterisierte die Leistungen unseres Vaters im Beileidschreiben an seine Witwe treffend: "Er war ein wahrhaft großer Künstler, dessen Werke wohl erst in späteren Jahren die gebührende allumfassende Anerkennung finden werden und er war ein Mensch, für den die Treue zu seiner Überzeugung noch ein unverzichtbarer Teil seines Ichs gewesen ist".
Text revidiert am: 20.08.2020
Werkliste
Nr. | Eignervermerk | Technik | Format | Farbe | Jahr | Sign. | Motiv | Ergänzung |
1 | Aus den Büchern der Sophie Steger | C2 | 144 x 83 | sw | 1936 | s/hs | Gitarrespielerin unter einer Eiche | |
2 | Mein Buch Sophie Steger | X2 | 78 x 60 | sw | 1938 | s/hs | Katze auf Büchern neben kniendem weiblichen Akt | GK 1758 |
3 | Aus den Büchern von Friedrich W. Dallmer | X2 | 101 x 77 | sw | 1939 | s/hs | Unter einem Baum sitzende Lesende | GK 1751 |
4 | Mein Buch Dr. Trude Seitter | X2 | 94 x 80 | sw | 1939 | s/hs | Lesender Putto auf Wiesenstück sitzend | GK 1757 |
5 | Max von Marquet | X2 | 122 x 80 | sw | 1940 | s/hs | Von zwei Knaben gehaltenes Wappen | GK 1754 |
6 | Walter Dr. Herta Reich | C2 | 115 x 57 | sw | 1941 | s/hs | Auf Schwert und Schriftband stehender Knabenakt mit Apfel und Waage | GK 1756 |
7 | Max Fuchs | P1 | 72 x 36 | sw | 1946 | s/hs | Fuchs auf einem Stoß von Büchern liegend | GK 1752 |
8 | Karl u. Gertrude Pfatschbacher | C2 | 102 x 50 | sw | 1948 | s/hs | Venus aus Muschel empor schwebend | |
9 | Wilhelm Sturm | C2+C4 | 97 x 67 | sw | 1948 | s/hs | Affe mit Spiegel über Bildnis eines liegenden weiblichen Aktes, unten Junker auf Scherenstuhl und Affe, der einen Globus hält. Motto: Wenn wir zum guten dieser Welt gelangen/dann heißt das Beßre Trug und Wahn | GK 1759 |
10 | Max Kislinger | X2 | 110 x 62 | sw | 1952 | s/hs | Max Kislinger zeichnet Akt und Fabeltier | GK 1753 |
11 | Kinderbücherei Tillfried, Roswitha Cernajsek | X2 | 88 x 42 | sw | 1953 | s/hs | Zwei lesende Kinder, Eignerporträt | GK 1750 |
12 | Dr. Karl Pleyer | X2 | 102 x 73 | sw | 1953 | s/hs | Walther von der Vogelweide mit Spruch | |
13 | Dipl.-Ing. Otto Gottlieb | C2 | 115 x 60 | sw | 1954 | s/hs | Diana mit Jagdhund | |
14 | Wilhelm Runge | X2 | 86 x 84 | sw | 1954 | s/hs | Eine weibliche nackte Figur und eine Madonna flankieren Motto: Kunst ist ein Kräutlein, aber nicht für alle Leutlein | |
15 | Fritz und Sophie Cernajsek | C2 | 47 x 36 | 1957 | s/hs | Küssendes Paar hält Wappen | ||
16 | Max Kislinger | C4 | 115 x 63 | sw | 1957 | s/hs | Eine nackte Muse schaut dem zeichnenden Maß Kislinger über die Schulter | |
17 | DDr. Georg Molin | C2 | 100 x 52 | 1961 | s/hs | Sitzende in einer hebräischen Schriftrolle lesend, daneben ein Tonkrug [soll auf die Rollen vom toten Meer hinweisen], Maus am Fuße des Sessels | ||
18 | Fritz und Sophia Cernajsek | X2 | 46 x 40 | 1963 | s/hs | Küssende Putti hinter Wappen | ||
19 | Dr. Josef und Elisabeth König | C2 | 96 x 80 | sw | 1966 | s/hs | In Tracht gekleidetes Paar mit Wappen | |
20 | Dr. Herbert und Ilse Bauer | C2 | 115 x 80 | sw | 1976 | s/hs | Tanzende, Turnverein, Zahnarzt | |
21 | Aus den Büchern von Otto und Mag. Grete Broschek | C2 | 113 x 80 | sw | 1978 | s/hs | Paar in bäuerlicher Tracht, mit Apotheker - u. Kaufmannsattributen, Familienwappen mit Wahlspruch | |
22 | Doctoris Philosophiae Tillfried Cernajsek | C2 | sw | 1982 | s/hs | Putti, Ammonit, bezw. Mineralstufe haltend, mit Wappen, Motto enthaltend, über Kasperltheater, das von Büchern begrenzt wird | ||
23 | Mein Buch Dr. Tillfried Cernajsek | X2 | sw | 1984 | s/hs | Wappen mit Motto: In Treue fest | ||
24 | Exlibris eroticis | C2 | sw | 1986 | s/hs | Venus mit Amor | ||
25 | Aus den Volkskundebüchern Fritz und Sophie Cernajsek | C4 | sw | 1987 | s/hs | Berchta schützt mit ihrem Mantel kleine Kinder, zwei Fabelwesen und zwei Vögel stehen ihr zur Seite | ||